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14. August 2006  

Deutschland, die Lobbies und das Kyoto-Protokoll

von Daniel Palloks

Die Bundesregierung hat Ende Juni den “Nationalen Allokationsplan 2008-2012″ veröffentlicht. Daraus geht hervor, daß Deutschland die Emission von Treibhausgasen bis 2012 nur um etwa 0,63% gegenüber dem Stand von 2005 senken wird. Dargestellt wird dies allerdings als Senkung um 6% gegenüber dem Zeitraum 2000-2002.

Darüber hinaus sollen neue Kraftwerke ab 2008 für 14 Jahre von den Emissionsgrenzwerten befreit werden können.

Emissionshandel

Außerdem hat die Bundesregierung offenbar alle Emissionsrechte kostenlos an die Industrie ausgegeben, obwohl die EU ihren Mitgliedern ausdrücklich empfiehlt, bis zu 10 Prozent solcher “emission permits” zu versteigern. Emissionsrechte sind “Aktien” auf erlaubte Emissionsmengen im System des Emissionshandels innerhalb der EU (ETS).

Der Emissionshandel (insbesondere auf internationaler Ebene) wird seinerseits von Kritikern als Verwässerung des Kyoto-Protokolls gewertet, weil reiche Industriestaaten, die ja den Großteil der Treibhausgase produzieren und somit stärker reduzieren müßten, sich dadurch im Gegenteil sogar von ihren Verpflichtungen teilweise freikaufen können. – Wenn ein Land solche (staatlich) erkauften Rechte dann kostenlos an die Industrie abgibt, dann heißt das, daß die Entlastung der Industrie zu Lasten der Staatskasse und also der Bürger geht.

Kyoto-Protokoll

Ebenfalls Ende Juni hat die Europäischen Umweltbehörde (EEA) aktuelle Zahlen zum Kyoto-Protokoll veröffentlicht, wonach die EU ihren Zielen weit hinterher hinkt. Die EU-Länder hatten sich bereit erklärt, bis 2012 ihren Ausstoß von Treibhaugasen um 8% im Vergleich zu 1990 zu senken, Deutschland sogar um 21%. Im Jahre 2004 stiegen die EU-weiten Emissionen allerdings um 0,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr; außerdem lag der Wert um weniger als 1 Prozent unter dem von 1990.

Daß Deutschlands Emissionen um über 17% gegenüber 1990 gesunken sind, ist ein Sonderfall, der aus der Stillegung eines Großteils der Industrie in den neuen Bundesländern resultiert (was die deutsche Zielsetzung auch wieder relativiert). Das bedeutet aber, daß es zumindest im Rest der EU (inkl. der alten Bundesländer) zu keiner nennenswerten Senkung gekommen sein kann, möglicherweise sogar zu Erhöhungen im Vergleich zu 1990. Und es ist aus diesem Grund auch kein Argument für lasche Zielsetzungen.

Lobbyarbeit

Die aktuellen Ankündigungen der Bundesregierung werden als ein bedeutender Erfolg in der Lobbyarbeit seitens der Wirtschaft gewertet. Schon 2005 vergab die Bundesregierung 21 Mio. Tonnen an Emissionsrechten mehr an die Industrie, als diese überhaupt benötigte. Diese Politik – die von anderen Ländern mit dem Argument der Wettbewerbsverzerrung dankbar übernommen wird – gefährdet zusätzlich die Ziele von Kyoto.

Ein Sprecher des Umweltministeriums äußerte inzwischen, man werde Kyoto auch auf anderen Wegen umsetzen, z.B. sollen Autofahrer “ökonomisches Fahren lernen” und so bis zu 3 Mio. Tonnen weniger Treibhausgase produzieren.

Quellen:

Germany to spark ‘climate crisis’
http://news.bbc.co.uk/2/hi/science/nature/5121334.stm

EU – Emissionshandel
http://www.accc.gv.at/emissionshandel.htm

Kyoto-Verpflichtungen
http://www.accc.gv.at/kyotoprotocol.htm

   
daniel | 16:56 | Politik,Umwelt | 1 Kommentar | Druckansicht  

1 Kommentar » Eigenen Kommentar schreiben

  • 1. miharo  |  03.09. 2006, 19:20


    Der Emissionshandel (insbesondere auf internationaler Ebene) wird seinerseits von Kritikern als Verwässerung des Kyoto-Protokolls gewertet, weil reiche Industriestaaten, die ja den Großteil der Treibhausgase produzieren und somit stärker reduzieren müßten, sich dadurch im Gegenteil sogar von ihren Verpflichtungen teilweise freikaufen können.

    Aber genau darum geht es doch!
    Die Industriestaaten wollen mit diesen Regelungen den eigenen StatusQuo sichern und verhindern, daß neben ihnen Konkurrenz aufkommt.


    Wenn ein Land solche (staatlich) erkauften Rechte dann kostenlos an die Industrie abgibt, dann heißt das, daß die Entlastung der Industrie zu Lasten der Staatskasse und also der Bürger geht.

    Auch das wird nicht zufällig so angelegt sein. Globalisierung heißt schließlich “Gewinne privatisieren und Verluste sozialisieren”.

    Vielleicht ist die angeblich nahende Umweltkatastrophe, nach PeakOil, sowieso der größte Scam, der jemals aufgelegt wurde,
    Vor ein paar Tagen habe ich einen Bericht gelesen, daß russische Wissenschaftler herausgefunden haben, daß in wenigen Jahren die Erdtemperatur anfängt zu sinken.
    Einen Link dazu habe ich leider gerade nicht (mal googeln).

    Gruß
    miharo

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